kleingeist und das Kokain

Roberto Saviano ist seit «Gomorrha» einer meiner Lieblingsautoren und so war die Erwartung gross als ich «Zero Zero Zero, wie Kokain die Welt beherrscht» zu lesen begann. Insgesamt ist das Buch sehr ähnlich zu Gomorrha. Saviano weiss mit seinem lebendigen, dramatischen Schreibstil zu fesseln. Die Tatsache, dass es sich nicht um Fiktion sondern um Fakten handelt, lässt mich für gewöhnlich nicht kalt. Wie in solchen Enthüllungsbüchern üblich, wimmelt es von Namen, Spitznamen und Beziehungen untereinander. Als hervorstechendes Merkmal sind die Kapitel zu erwähnen, wo Saviano ein Thema rund um das weisse Pulver mittels rapider Aufzählungen als stilistische Auflockerung des Buches verwendet. Einmal werden über ein paar Seiten die Drogenfunde der Behörden aufgezählt, mit Ortschaft, Behörde, Datum und beschlagnahmter Menge. Ein andermal wird eine Aufzählung mit potentiellen Konsumenten des weissen Stoffs geboten, mit der Grundbotschaft, dass jeder in seinem mehr oder minder nahen Bekanntenkreis jemanden kennt der sich die Nase damit pudert.

Es werden interessante Sichtweisen geboten, wie diejenige, dass viele Banken die jüngste Finanzkrise nur deshalb heil überstanden haben, weil die harten Narcodollars der kriminellen Organisationen als letzter real verfügbarer Wert die «virtuellen» und gescheiterten Finanzkonstrukte aufgefangen haben.

Es ist kein schönes Bild das Saviano uns hier vorhält. Unsere Gesellschaft ist in Europa und den USA ein lukrativer und verlockender Markt. In den Tretmühlen der Leistungsgesellschaft lassen sich mit dem weissen Pulver gewinne erzielen, und damit kriminelle Organisationen entstehen, die in Feuerkraft einigen Armeen der Welt in nichts nachstehen müssen. Nur mit dem Unterschied, dass diese Armeen in privater Hand sind und sich nicht um irgendwelche Konventionen kümmern müssen.

Wer keine Berührungsängste mit der harten Realität hat und sich eines lebhaften und teils dramatischen Schreibstils erfreut, wird das Buch mögen. Ich persönlich hatte bei Gomorrha mehrmals das Erlebnis, das Buch nicht beiseite legen zu können, weil es mich derart eingesogen hat. Bei «Zero Zero Zero» war dies insgesamt weniger der Fall. Dies hat meines Erachtens mit der Sprache zu tun, denn ich habe das Buch auf italienisch gelesen. Der Wortschatz genügte nicht vollends um alles zu verstehen, dies verhinderte womöglich das vollständige Eintauchen. Sinngemäss hatte ich deswegen aber keine Schwierigkeiten mitzukommen. Positiv ist hingegen festzuhalten, dass beim Lesen im Original keine Verluste durch das Übersetzen entstehen, und manche Sprachgewohnheiten aus dem Italienischen die Aussagekraft unterstreichen und das Lesevergnügen steigern. Eine Empfehlung ist das Buch auf jeden fall Wert.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert